Falk Dübbert Falk Dübbert formal

Rennrad-Lenker mit einem Powerpod-Sensor

Ich habe, damit meine Begleiterin bei unserer letzten MTB-Tour auch ein Navi hat, trotz der „Software-Qualität“ einen Garmin Edge 1040 gekauft. Im Zuge dessen musste ich meine Nicht-Garmin Sensoren von meinem 820er am 1040er neu anlernen.
Dabei bin ich auf einen Garmin-Bug gestoßen und als Teil meiner Problemlösungsversuche hatte ich den Powerpod zurückgesetzt.

Der Powerpod ist ein indirekter Leistungsmesser. Leistungsmessung am Rennrad ist der Einstieg in die Königsklasse bei der Verdatung des sportlichen Fortschritts oder bei mir die Vermessung des Desasters.
Normalerweise wird die Leistung bei Fahrrädern mit Kraftmessung im Pedal oder neuer linken Kurbelarm vorgenommen.

Arbeit ist das Integral der Kraft über dem Weg und Leistung ist Arbeit geteilt durch Zeit.

Es macht also Sinn, die Leistung über die Kraft am Pedal zu erfassen. Auf der anderen Seite schränkt man so seine Pedal- oder Tretkurbelwahl ein und die meisten Kraftmesspedale kommen mit einer Gewichtsgrenze von 90kg, die für mich noch in weiter Ferne liegt. Garmin hat diese mittlerweile auf 105kg angehoben, aber das sind aktuell auch noch 6 Wochen und ich weiß nicht, wo meine Gewichtsreise in der zweiten Jahreshälfte hingeht.

Polar hatte ‚früher‘ ein System, das im Wesentlichen wie der Tonabnehmer einer E-Gitarre funktionierte, und aus der Schwingungsfrequenz der Kette die Kraft zurückrechnete. So genial, wie das klingt, war es komplex, groß, schwer und durch die mit Kabeln verbundenen Sensoren empfindlich gegenüber Stößen und Störeinflüssen.

Rennrad-Lenker mit einem Powerpod-Sensor von oben
Irgendwann startete Velocomp mit dem Powerpod als Kickstarterprodukt. Der Powerpod besteht aus einen Luftdruck-Sensor, einem 6-Achsen-Beschleunigungsmesser und Software. Bei der Messung von Energie ist der Kopplungsgrad immer ein wichtiger Punkt. Mit einem am Lenker montieren Sensor die energetische Situation des Rahmes dahinter und des Gesamtsystems Fahrer+Fahrrad zu errechnen ist schon spannend. Es steckt viel Heuristik, heute würde man „KI“ sagen, in diesen Systemen.

Ich hatte den Powerpod gekauft, als ich von Polar auf Garmin umstieg. Damals, weil es das einzige System war, das ohne Gewichtsgrenze auskam und im Vergleich mit den 4-stelligen Preisen von Kraftmesspedalen waren 250,- Dollar auch ein Wort. Im Gegensatz zum Kraftmesser von Polar hat man bei Velocomp ein kleines Kästchen unter dem Lenker, fährt zum Kalibrieren 5 Minuten in die eine Richtung und 5 Minuten zurück. Das war’s. Aus dem Fahrtwind und den Beschleunigungen errechnet der Powerpod die Effizienz und den Rollwiderstand und zeigt dann die Leistung an. Mit der Software kann man noch Pedalierungseffizienz und die Rundheit des Tritts auswerten.

So ist die Theorie. In der Praxis hat man einen Micro-USB-Port, eine Taste und eine zweifarbige LED um mit dem Powerpod zu kommunizieren. Es gibt also wenig Möglichkeiten für „sprechende“ Informationen.
Von Bluetooth LE wusste ich bis vor einer Woche noch nichts. Garmin Edge Fahrradcomputer haben ein Problem, wenn Non-Garmin-Sensoren gleichzeitig BT LE und ANT+ anbieten. Sobald man beide angelernt hat, landet der Computer in einer Schleife. Das hatte ich mit meinen Sennheiser Kopfhörern die Körpertemperatur und Puls per ANT+ und BT LE senden wollen und mit dem Powerpod. Die Kopfhörer kann man ins Ladecase stecken. Dann sind die aus und man kann eine der beiden Kommunikationstechnologien aus dem Computer löschen.

Der Powerpod V3 hat aber keinen Aus-Knopf. Man kann ihn wecken aber nicht ausschalten. Langes Drücken setzt ihn zurück. Wird er nach dem Reset geweckt will er Ant+ Tretkurbel- und Geschwindigkeits-Sensoren suchen, was er durch wechselndes Rot-Grün-Blinken anzeigt. Rot-Grün ist beim Powerpod V1 aber die Anzeige für einen Software-Fehler und Google liefert nur die entsprechenden Forenbeiträge aus Kickstarterzeiten. Ich war schon etwas verzweifelt und am Fluchen über die Kickstarter-Eintagsfliegen-Produkte.

Hiermit tat ich Velocomp aber unrecht.
  • Die Firma existiert noch.
  • Der Support antwortet sogar auf Emails oder Whatsapps.
  • Es gibt eine Supportseite mit der richtigen Anleitung
  • Der Powerpod hat ein Firmware-Update bekommen und die Desktop-Software ebenfalls.

Nach fünf Jahren kann ich sagen: Die Genauigkeit unterliegt den oben erwähnten Einschränkungen, aber diese sind im Bereich der üblichen Systeme. Kraftmesspedale messen in der Regel nur die vertikale Kraftkomponente und die auch nur in dem Augenblick, wenn die Pedale waagrecht stehen. Den Rest rechnen sie aus. Andere messen den Gesamtflex und haben dann sehr unterschiedliche Werte, wenn man aus dem Sattel geht. Ich besitze ein Rad mit Kraftmesskurbel und ein Kraftmesspedal (das ich nicht mehr benutze) und kenne somit auch deren Einschränkungen.

Die Möglichkeit, den Sensor nach Lösen einer GoPro-Knebel-Schraube von einem Fahrrad auf das nächste zu wechseln und vier Kalibrierungsdaten im Sensor zu hinterlegen, ist auch ein dickes Pfund. Jetzt wo ich weiß, dass rot grün bedeutet „Ich bin bereit zum Kalibrieren“ und dass die Probleme mit dem Edge-Computer ein Garmin-Thema sind, rückt mein Bedürfnis, „echte“ Kraftmesskurbeln für alle Räder zu kaufen, wieder in sehr weite Ferne.


Maximal-Leistungsdiagramm

Die Daten aus dem Powerpod sind gut und zuverlässig genug. Die Langzeitstabilität ist angesichts des Verfahrens erstaunlich. Ich hoffe sehr, dass Firma Velocomp die „zweite Pandemie“ in den USA übersteht und einen richtigen europäischen Vertriebskanal findet.


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