Nachtrag 21.11.2019: Wer sehen will, was aus den Boxen wurde, folge bitte diesem Link: „Etwas Genuss mit Vintage-HiFi.“
Das ist der Hochtöner aus meiner rechten “Promi-Box”. Ob der Wert der Heco Superior 840 unermesslich steigt, wenn sie zuvor im Besitz eines ARD-Soap-Stars waren, der sie der Sage nach in einer Partynacht durchgerockt hat, wage ich mal zu bezweifeln. Sie fanden den Weg über einen Tonangler zu mir und heute war ich dazu gekommen, dem Problem der nicht mehr erhältlichen Hochtöner auf den Zahn zu fühlen.
Die Mitteltöner waren ganz durch, da die Weiche eigentlich aber auschließlich die Hochtöner schützt. Der Hochtöner hatte jedoch auch einiges an Hochtemperatur abbekommen, wie man an der hochglänzenden Sicke gut erkennen kann.
Die Spule sitzt auch nicht mehr wirklich gut auf der Kalotte. Heco Schmitten ist schon ewig pleite und ich kenne nur wenige, die das Re-Conen von Oldschool-Hochtönern sicher hinbekommen. Der Hartpappenträger geht beim Ablösen meist verlustig, indem er zerreißt. Ich habe also mit einer Heißluftlötstation und einer kleinen Düse die Stelle mit der Welle erwärmt und mit einer Zahnsonde, Figur 16 Windung für Windung geradegeschoben. Anschließend habe ich die Sicke mit geringerer Temperatur erwärmt und die Kalotte wieder etwas geradegezogen und zum Schluss vor der Box sitzend den Magneten auf maximalen Pegel zentriert. Messtechnisch sind die Boxen mit Ein- und Zweitönen jetzt nahezu gleich, so dass ich die neuen Kalotten erstmal nicht einkleben werde. Das hebe ich mir für den Winter auf.
Für gebrauchte Superior der 40er Reihen werden je nach Zustand und Modell von 150,- bis 400,- pro Paar aufgerufen. Einzellautsprecher sind nur noch selten und in der Regel in fragwürdigem Zustand zu bekommen. Ich habe drei Jahre mit der Jagd verbracht. Meist ist neu sicken lassen oder gar Reconen mit einer generischen Membran mit weniger Einbußen verbunden.
Klangeindruck
Heco Schmitten ist … speziell. Unter HiFi-Fetischisten nennt man das abgesonderte “Taunussound”. Die späteren Hecos aus Schmitten ab den 80ern waren nicht mehr so extrem, was die Betonung des Oberbass-Bereichs angeht, aber im vergleich mit aktuellen Referenzklasse-Boxen von Dynaudio oder meinen Seas-Monitoren sind Hecos mit ___rior im Namen ziemliche Warmspieler (Superior) und zum Teil Krawallbrüder (Interior).
Die Pegelkurve beschreibt ein M wobei die Absenkung im Tief- und Hochtonbereich je außerhalb des Hörbaren liegt. Die mittlere Absenkung ist geringer.
Heute würde man das Loudness-Kurve oder KickBass-Anhebung nennen und allenfalls bei 2-Wege-Boxen mit grenzwertig großem Tiefmittelton erwarten.
Die Weiche ist derart aufwändig, dass ich mein Wissen über RCL-Filter nochmal auffrischen musste um überhaupt zu erfassen, was das Teil alles kann und ich habe ET2 also komplexe Wechselstromrechnung dreimal geschrieben.
Im Gegensatz zu einer Infinity Kappa 9A, die mal mit 0,5 Ohm austestet, ob der Verstärker mit Kurzschlusserkennung ausgestattet ist und wann die anspricht, sind bei den Superior 840 die Löcher mit der Weiche aufgefangen und Maximalpegel der einzelnen Treiber angeglichen. Das Impedanzniveau liegt aber nicht deutlich über 4 Ohm.
Der subjektiv dominierende Mitteltöner pustet die Phasendreher in den Übergangsfrequenzen einfach weg. Trotz diesem und ebenfalls trotz der breiten Front mit der Filzeinlage projizieren die Lautsprecher sehr räumlich ohne den Hörer durch eine Richtwirkung in ein kleines Stereodreieck zu sperren.
Das ist jetzt sehr technisch, aber durch direktes Umschalten merkt man schon, warum die Superior damals Top-Notch und die Interior nur – wenn auch gutes – Mittelmaß waren.
Wo die Interior 35H Präzision mit Mittelton vermissen lassen, sind die Superior 840 souverän und klar. Sie spielen ihren zusätzlichen Weg voll aus.
Allerdings haben die Interior 35H mit ihrem Bassreflex-Subwoofer erheblich mehr Kickbass und als zweieinhalb-Wege-Box mehr Pegel im Hochton.
Benutzte Geräte:
Player Panasonic DMP-BD85, Verstärker Panasonic SA-XR58. Die leicht “schönfärbenden” Boxen passen gut zu dem etwas spröden Digitalverstärker, der allerdings mit seinem 2x “100W”Dual-Amping im Mitteltonbereich ganz klare Ansagen macht. Innere Dämpfung regelt.
Ich habe sie auch an meiner Studio-Abhöre, einem Kenwood DP-1100SG, Sheldon’s Lab DAC (die zweite Version) und einem Clon von Nelson Pass’ Aleph 5 betrieben, das wirkte etwas sehr analytisch im Hochtonbereich und mutlos im Tiefton.
CDs:
Vivaldi – Le Quattro Stagioni in der Aufnahme von Fabio Biondi (Vergesst alle Einspielungen davor und danach! Schmeißt die CDs einfach weg! Diese ist immer eine Offenbarung.)
Hier kommen die größeren Streich-Instrumente sehr voll und die begleitenden Geigen deutlich räumlicher oder freier, während die erste Geige auch bei den Fortissimo-Passagen (ja – es ist nur Forte) nie bedrängt klingt. Anders als bei meinen Beyma kippt der Ton nie ins Blecherne oder kratzige wie Piega.
Massive Attack – Mezzanine und Protection.
Ich wollte sehen, ob der geflickte Hochtöner auch bei höheren Pegeln sauber ist und wurde nicht enttäuscht. Gerade bei “Heat Miser” (die Stelle wo die Bass-line zum ersten mal einsetzt) oder “Man next door” neigen 3-Wege-Boxen gerne zum Nuscheln oder Dröhnen.
Woodkid – Golden Age ist der ultimative Dröhntest. Die Superior waren furztrocken (was als geschlossene Box nun auch nicht so schwer ist).
Was kost der Spaß?
Für gebrauchte Superior der 40er Reihen werden je nach Zustand und Modell von 150, bis 600,- pro Paar aufgerufen. Die Masse der gut erhaltenen 840er und 740er findet man bei 400,-, aber die Exemplare sind zunehmend schlechter oder teurer. Im Grunde sucht man Boxen, die in einem dunklen nicht allzu trockenem Keller gelagert wurden. Einzeltreiber sind nur noch selten und in der Regel in fragwürdigem Sicken-Zustand zu bekommen. Ich habe drei Jahre mit der Jagd verbracht. Meist ist neu Sicken lassen, nachbeschichten oder gar Reconen mit einer generischen Membran mit weniger Einbußen verbunden, als nicht paarweise getauschte Treiber. Zumindest, wenn man die Weiche hinterher anpasst und dabei weiß, was man tut.
Heco Schmitten ist neu nicht mehr zu haben.
Heco Pulheim ist Teil von VOXX/Audiovox und wie Magnat eine fabless Marke. Es soll wohl eine eigene “Entwicklung” geben und die chinesischen Lieferanten auf hohe Standards festgelegt sein. Letzteres möchte ich zumindest im unteren und mittlerem Preisbereich bezweifeln.
Die Hörprobe einer Heco Celan GT 502 geriet zum Trauerspiel und über die Victa-Serie hüllen wir am Besten betretenes Schweigen. Die Statement von Heco Pulheim konnte ich einmal auf einer Messe hören, was für eine Beurteilung kaum ausreicht, jedoch war mir da zuviel Blingbling drin und dran. Die drei Bassreflexrohre, regen in mir den Verdacht, dass die mechanische Güte der Treiber mit dem aufgerufenem Preis nicht übereinstimmt.
“Qualität” ist bei Boxen auch immer mit eine Geschmacksfrage, aber in absoluten Kriterien wie relative Pegeltreue, Phasengang, Raumimunität und Aufstellungsunabhängigkeit wird man eine geschlossene Box mit der Spielfreude lange suchen müssen. Vom Charakter her kommen mit geringem EQ-Einsatz die größeren Canton Ergos in die Nähe, die aber als Bassreflex-System großen Abstand von Wänden und Schränken brauchen.