Falk Dübbert

Ich kämpfe seit nun 25 Jahren mit meinem Gewicht. Final verloren habe ich irgendwann 2003.
Das war für die schlimmste Zeit überhaupt. Beruflicher “Wendepunkt” – auf Xing würde “selbstständig” stehen, eine Arbeit, die mich maximal unterforderte, nix einbrachte und keinen Ausblick auf Besserung.

Danach habe ich mich drei mal unter die 100 gehungert, aber wirklich funktioniert hat das dann auch wieder nicht.

Ich würde nie soweit gehen und einem schlanken (also normalen) Menschen die Kompetenz abzusprechen, wie Übergewicht ist und wirkt, aber sind meines Erachtens meist drei Faktoren, die die Nachvollziehbarkeit erschweren:
  • Am Anfang steht wie bei jeder Sucht eine Phase der “Charakterschwäche” oder Krise, in der man seinem Belohnungssystem irgendwie etwas Dopamin abringen möchte. Ich kann die Zeit, wie gesagt, genau benennen. Viele bekommen auch immer wieder Fress-Anfälle und dann verschwindet eine ganze Tafel Schokolade oder / und eine Tüte Chips.
  • Die Gewöhnung an süßes, salziges und fettes Essen, Portionsgrößen weit jenseits der 200gr und die in einem Industrieland permanent vorhandene Möglichkeit, jederzeit warm zu essen, sorgen dafür, dass das Essen sich nach dem empfundenen Tagesablauf richten muss.
  • Ist das Kind einmal in den Brunnen gefallen, macht Bewegung auch keinen Spaß mehr. Man beginnt unweigerlich, sich von seinem Körper zu distanzieren. Sport macht keinen ohne Ziele keinen Spaß und die wenigstens-hast-Du-es-versucht-Urkunden haben mir den Spaß am Sport schon in der Grundschule verdorben. Damals war ich am anderen Ende der Gewichtsskala. Joviale Anerkennung kann giftiger und vor allem nachhaltiger wirken als Spott und Verachtung; die sind wenigstens ehrlich.

Zumindest das Durchleben einer existenziellen Krise setze ich für das Verständnis einfach voraus. Echtes Nachempfinden würde verlangen, in meinen Stiefeln gelaufen zu sein.

Im Juli hatte ich meinen “Oh Oh!”-Augenblick. Der “Lockdown #1” (bitte keine Wortklauberei bevor es eine DIN-Definition gibt) und die Selbstisolation davor und danach haben ordentlich was draufgepackt.

“Du kannst Doch laufen gehen…”

Zwar geht das jetzt eher, weil die Kälte und die Dunkelheit die anderen Menschen aus dem Park vertreiben und die gefühlten Blicke beim Laufen ausbleiben, aber wenn man soviel Gewicht auf die Schuhe packt wie ich, macht Laufen extrem wenig Spaß. Mit anderen, was aktuell ja verboten ist, macht es keinen oder wenig Spaß, weil man entweder der Bremsklotz ist, oder man E=m*0.5*v^2 eben 1,5 mal so viel reinstecken muss und im Grunde schon nach der Hälfte komplett aus der Puste ist. Alleine sieht man einfach schnell keinen Sinn, sich Knieschmerzen, Blasen und Fußpilz lange anzutun. Ich habe Mordsrespekt vor allen, die sich schlank gelaufen haben.

“Dann mach doch eine …-Diät”

Eine Diät ist wie ein Lockdown. Ohne zu Grunde liegende und grundlegende Verhaltensmodifikation bringt er nichts. Im Grunde geht es danach meist steiler und weiter nach oben, weil – egal wie deutlich man es verneint – ein “Jetzt aber”-Gefühl einsetzt. Allerdings habe ich im September und im Oktober eine “Diät” eingelegt um “die Welle zu brechen”:
  • Zucker und gesüßtes vermeiden wie der Teufel das geweihte Wasser (30gr. Zucker am Tag.)
  • Morgens mehr Eiweiß
  • Mittags maximal zwei Hände voll
  • 6x pro Woche Sport, so intensiv, dass mein Puls über mindestens 10 Minuten über der 80% liegt.
  • Abends nichts, wirklich nichts
  • 23.30 Uhr ins Bett und 06.30 erst wieder raus
Messtechnisch überwache ich meine Fortschritte mit:
  • der Waage…
  • der Überprüfung des morgendlichen Blutzuckers. Mein selbstgewähltes Zielfenster liegt von 75mg/dl bis 85mg/dl
Damit gingen in acht Wochen 8kg wieder weg. Anderthalb davon waren geschummelt weil ich zeitgleich entwässert habe. Jetzt geht es für mich darum, die Konflikte aufzulösen:
  • Der Verzicht auf gesüßtes, und damit Softdrinks ließ die Trinkmenge schrumpfen. Noch kann ich Wasser nicht viel abgewinnen. Aktuell versuche ich es mit Ausschleichen. (Nein. Ich. HASSE. Apfelschorle.)
  • Das Abends nichts schnitt mich auch vor dem Lockdown ein wenig vom Freundeskreis ab.
    Hier habe ich noch keine Lösung, weil ich es zwei mal probiert hatte, aber dann versteckten Zucker nicht auf dem Schirm hatte und so in der Nacht zu viel Zucker in der Blutbahn hatte und erstens morgens keinen Gewichtsverlust feststellen konnte, aber vor allem noch viel Restzucker im Blut messen musste. Solange aber noch Zucker da ist, gibt es keine Fettverbrennung….
Bis Ende des Jahres bleibt es beim Laufen und der heimischen Hantelbank als Sport. Eventuell streue ich ein paar MTB-Touren ein. Damit hoffe ich, Puls und Kalorienumsatz steuern zu können. Ende Januar hoffe ich soweit zu sein, dass ich nach weiteren 24 Wochen wirklich fit bin:
  • Ich möchte wieder über 180 Sekunden die Luft anhalten können
  • Ich möchte wieder mit > 1 m/s schwimmen können
  • Ich möchte mit einer Durchnittsgeschwindigkeit von 30km/h Rennrad fahren können (40km/h im Wettbewerb)
  • Ich möchte 10km in unter 50 Minuten laufen können
  • Ich möchte sicher 10 Klimmzüge schaffen
  • Ich möchte eine 120kg Langhantel 20x drücken können
  • Ich möchte einen voll beladenen Pulka in 1m30s 100m weit ziehen können

Da ich mittlerweile die 4 vorne schreibe wird das Rennen dahin immer schwerer. Die Faustformel lautet, dass sich pro 20 Lebensjahre der Trainingseffekt halbiert aber die Verletzungen und Schmerzen verdoppeln. Während man bei 20-Jährigen beim Ausdauersport von einem Verhältnis 1:2 bis 1:3 von Wettbewerbsdauer zu Trainingszeit pro Woche ansetzt wird man also bei einem 40 Jährigen 1:4 bis 1:6 annehmen müssen.
Der Punkt mit den Verletzungen und Schmerzen ist absolut valide und der mit dem Trainingseffekt für mich zumindest nachvollziehbar.
Wenn man innerhalb eines Jahres seinen (zeitlichen) Trainingsumfang verdoppeln kann, liegt die mögliche monatliche Steigerung bei knapp 6% (= 12te Wurzel aus 2). Derzeit liegt die Grenze, ab der mein Körper mit allerhand Schmerzen und Wehwehchen um sich schmeißt bei etwa 4 Stunden pro Woche. Darüber fängt das Knie an, gefolgt vom oberen Rücken und der rechten Schulter. Alles was früher steif war, ist nun beweglich und andersrum.

Das ist deutlich mehr als in den vier Jahren zuvor, was ich als den ersten wichtigen Punkt sehe, wenn ich mir die Frage stelle warum es diesmal anders sein sollte als in den vergangenen 11 Jahren. Der zweite Punkt ist schlicht der, dass ich aktuell trotz Corona-Blues, in besserer mentaler Verfassung unterwegs bin. Das bessere Arbeitsumfeld trägt im Wesentlichen dazu bei, aber auch, dass ich mental als Dienstleister etwas weiter weg bin vom Objekt.

Der Rhythmus von der Crashdiät, die die ersten 6 bis 8 Kilos entfernte, bleibt den Rest von diesem Jahr im Groben erhalten. Ich esse nur etwas normaler und versuche mehr Sport einzustreuen:
Tag Frühsport Morgens Mittags Nachmittags Spätsport Abends
Montag Eiweißlastiges Frühstück Eher deftige Mahlzeit Kaffee Krafttraining 1 von 3 Eiweißbrot mit fettreduzierter Wurst und Käse
Dienstag Laufen Baseline Hafer mit Sojamilch und Früchten Vegetarisch, Kohlehydrate mit geringem glykämischen Index Kaffee und wenig Kekse Salat mit Nüssen oder Kernen
Mittwoch Eiweißlastiges Frühstück Eher deftige Mahlzeit Kaffee Krafttraining 2 von 3 Eiweißbrot mit fettreduzierter Wurst und Käse
Donnerstag Laufen Baseline + 1 Hafer mit Sojamilch und Früchten Vegetarisch, Kohlehydrate mit geringem glykämischen Index Kaffee und wenig Kekse Salat mit Nüssen oder Kernen
Freitag Eiweißlastiges Frühstück Eher deftige Mahlzeit Kaffee Krafttraining 2 von 3 Eiweißbrot mit fettreduzierter Wurst und Käse
Samstag Laufen Baseline + 2 Hafer mit Sojamilch und Früchten Vegetarisch, Kohlehydrate mit geringem glykämischen Index Kaffee und wenig Kekse Salat mit Nüssen oder Kernen
Sonntag Refill-Frühstück Refill-Mittag Kaffee und Kekse Suppe

Der zweite wesentliche Punkt ist die Vollständigkeit der Tools. Zwar kann ich beim Laufen die Belastung perfekt steuern, aber sobald ich Laufschritte mache komme ich allein durch mein Gewicht in einen höheren Pulsbereich und auch mein Knie meldet derzeit nach acht Kilometern Bedenken an. Auf dem Rennrad liegt der Puls meist noch höher, allerdings kann ich die Belastung länger durchstehen. Zum Einen wird mir auf dem Renner nicht so langweilig und zum Anderen wird das Knie zwar auch heftig belastet, aber eben anders.
Auf dem Enduro ist mein Puls bergauf nochmal mal viel höher. Hier stelle ich dann öfter sogar mein biologisches Alter in Frage.
Das E-MTB hingegen kappt die Spitzenlasten fast alle weg. Der Motor sorgt im Grunde für lange Einheiten in der optimalen aeroben Pulszone wie beim Inlinern, nur halt nicht so wetterabhängig.

Der Sportmix, aus dem ich mein Training zusammenstellen kann, beinhaltet also:
  • Laufen
  • Rennradfahren
  • MTB-Fahren in den HaBe und im Harz & E-MTB-Fahren hier in der Gegend
  • Inline-Skaten
  • Krafttraining

Kampfsport, Fitnessstudio, Paddeln, Schießen, Schwimmen und Tauchen im Schwimmbad sehe ich eigentlich erst ab 2022 wieder.
Die “Lösung” ab März in Naturgewässern zu schwimmen, habe ich aus diversen Gründen verworfen. Schwimmen in Semi-Trockis oder gar Membran-Trockis versaut den Kraulstil wirklich nachhaltig.

Messtechnisch gebe ich gerade ein wenig meine Merkantilismus-Position auf, was meine Datenhaltung angeht. Ich bin zwar durch Fa. Ascensia ein gebranntes Kind, was intimste Gesundheitsdaten in Clouds angeht und Trainingsdaten sind in meinen Augen Gesundheitsdaten, aber ich wollte mit “Scheiß drauf!” mich “der Cloud” ein Stück weit öffnen. Habe mich allerdings gegen Apples Watch als Plattform für das Training entschieden.
Zum Einen weil Apples Watch eben nicht offen ist, während Garmin und Sigma immerhin mit ANT+-Sensoren klarkommen.
Es gibt zwar mittlerweile Bluetooth LE – Sensoren für diverse Sportarten, aber Apple und Bluetooth sind ein spezielles Thema. Wenn Apple nur Kopfhörer und smarte Türschlösser abstürzen ließe, würde ich nichts sagen, aber Apple schafft es sogar, ganze Autos zum Absturz zu bringen. Doof, wenn man drin sitzt und weder Navi noch Klimaanlage bedienen kann.

Dazu kommt, dass ich bei Apples Verständnis von Nachhaltigkeit mittlerweile sehr weit weg von Apple stehe. Für mich ist ein nachhaltiges Gerät eines, dass in seiner Nutzungszeit reparierbar ist. Für Apple eines, das man einfach recyclen kann.
Bei den Telefonen war die Reparierbarkeit bis zum iphone 7 der Fall. Bei den Apple Watches sehe ich das Problem mit der Betriebsdauer. Meine bisherige Sportuhr ist von 2008 und nur der erhöhte Batterieverschleiß bei gleichzeitigem Defekt des Batteriedeckels bringt mich von ihr weg. Natürlich ist da noch der ziemlich angejahrte SIRFIII-GPS Empfänger, der nicht in der Uhr, sondern als Zigaretten bzw. Streichholz-Schächtelchen neben der Uhr zu tragen ist.

Aber ich hatte das System komplett, also:
  • Pulsuhr mit zwei Pulsgurten
  • Fahrradtachokopf
  • 2 Laufsensoren
  • GPS-Empfänger, davon einer richtig Wasserdicht.
  • Fahrradleistungsmesssystem

Alle verbanden sich mit einer Windows-Software. Die Daten mussten von der Uhr oder dem Tachokopf nur bis in den Rechner. Es gab keine Cloud-Anwendung, bei der man wahlweise eine weitere Zeile bei haveibeenpwnd.com erhält oder irgendwann eine E-Mail mit “Wir nehmen die Sicherheit Ihrer Daten sehr ernst…” bekommt.

Cloud-Freie Pulsuhren findet man in der A-Liga eigentlich gar nicht mehr:
  • Garmins ältere Fore-Runner-Generation konnte noch lokal in Betrieb genommen werden. Bei den neuen wird diese Funktion nicht mehr erwähnt.
  • Bei Polar herrscht seit der RCX3 Cloud-Zwang
  • Suunto hat leider auch eine Cloud und lässt auch nicht erkennen, dass man deren Uhren ohne diese vollständig nutzen könnte. (Was mich von deren Tauchcomputern abbrachte, da diese auch an Orten zum Einsatz kommen, wo drei Tage Wasser zum nächsten Internet überwunden werden müssen.)
  • Apple Watches funktionieren gar nicht offline.
  • Sigma-Sport hat immerhin eine Schaltfläche für den optionalen Daten-Upload, aber man merkt sowohl der Uhr als auch allen Anwendungen an, dass das Entwicklerteam kleiner ist. Sigma-Sport hat auch eine Historie was das kommentarlose beenden von Produktlinien angeht. Und insgesamt wirken den Produkte etwas angejahrt und der Download per USB eher nach einer Debugging-Funktion als dem richtigen Weg.

Ich möchte aber einen ziemlichen Ritt auf Messers Schneide hinlegen. In der einen Richtung ist die Überforderung sehr nah und in der anderen bleiben die Trainingserfolge aus.

Dafür muss ich relativ gute Daten bekommen:
  • Beim Laufen ist mein Puls kein guter Indikator für den Grad meiner Erschöpfung. Eine Leistungsermittlung und eine Erfassung der Konstanz der Schrittlänge haben sich als genauer erwiesen. Außerdem kann ich an der Links-Rechts-Balance im Grunde Probleme mit dem Knie schon Tage vor dem Auftreten erkennen und entsprechend einen Gang rausnehmen.
  • Beim Radfahren brauche ich auch eine Leistungsmessung.
  • Beim Schwimmen erfasste ich bislang nur meine Bahnenzahl und die Zeit in Minuten; in der Regel, ist immer Stau und es macht auch keinen Sinn, da mehr zu messen. Wenn ich aber im Freiwasser (ja Elbe) schwimme, wäre ein GPS zumindest nett.

Für welches Sportmesssystem ich mich entschieden habe und wie es aufgebaut ist, stelle ich in einem späteren Artikel vor. Es ist aber absolut modern. Bis auf das Leistungsmesssystem am Fahrrad greife ich dieses mal auf Neuteile zurück.


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