Mit Windows 11 kommen im Oktober allerhand Veränderungen auf die Anwender zu, die sich bislang an Windows 10 festgekrallt haben. Dabei gibt es gute Gründe gegen Windows 11. In meinem Fall ist es die von Windows 10 auf 11 deutlich schlechtere Leistung. Beim 4K-Rendering schafft meine mobile Workstation 84 Frames pro Sekunde unter Windows 10 mit einem Intel i7 12800HX, 96GB RAM, einer internen NVidia A2000 und einer externen 3060TI an Tunderbolt 3. Mit Windows 11 und den gleichen Quelldaten kommen nur 69 fps zu Stande, was nur im Nachkommastellen-Bereich schneller ist als unter Rocky-Linux.
Das UX von Windows 11 ist meiner Ansicht nach nochmal hässlicher als das von Windows 10. Man merkt Microsoft die Verunsicherung nach dem gescheiterten Metro-Design von Windows 8 deutlich an. Irgendwie fühlt man, dass MS eigentlich zum Skeuomorphismus von Windows 7 oder gar XP zurück möchte, aber den Gesichtsverlust bei der Aufgabe des Flat-Designs doch scheut.
Es kann aber auch sein, dass eine KI mit den Interfaces von Windows 8 bis 10 trainiert wurde und wir eine Mischung von allem bekommen. Neben dem Look&Feel ist es aber der Wegfall von Funktionalität und das allgegenwärtige Dumbing-Down, das zum Teil die Grenze zur Beleidigung an den Intellekt überschreitet.
Ein weiteres Ärgernis ist, dass Microsoft trotz der nachgelassenen Code-Qualität bei den Updates im Vergleich zu Windows 7 oder 8 die Möglichkeiten, Updates abzulehnen oder dauerhaft zu deinstallieren, immer weiter einschränkt, den Verzicht auf das MS-Konto erschwert und es auch immer komplizierter macht, KI-Features wirklich zu entfernen.
Genau wie bei der Microsoft-Konten-Integration akzeptiert Microsoft kein „Nein!“ in Sachen Copilot – es gibt einfach keine Stelle, an der man dieses Nein äußern könnte. Mit jedem Update erscheinen wieder CoPilot-Features. Lokale Sicherheits- oder Gruppen-Richtlinien, die Copilot deaktivieren, und vorgenommene Deinstallationen, werden durch neue Funktionen invalidiert, ignoriert oder schlicht rückgängig gemacht.
Dazu ist die Telemetrie von der Datenmenge her deutlich dichter, obwohl Windows 10 und 11 sich die gleiche EULA teilen – es ist zwar immer noch etwas weniger als die Hälfte im Vergleich zu MacOS, aber Microsoft überträgt vor allem bei M365-Anwendungen bzw. überhaupt MS-Anwendung offenbar auch Performance-Daten oder Fragmente für das AI-Training.
Auch, wenn Windows 11 es vor 2 oder 6 oder 12 Wochen also nach 4 Jahren geschafft hat, in Sachen Pageviews (NICHT Marktanteil!!!) Windows 10 zu überholen: Das Angebot „Windows 11“ überzeugt längst nicht jeden und auch Microsoft wird zunehmend klar, dass jemand, der oder die entweder die knapp 3,5k € oder zwei Tage Arbeit in einen Umstieg auf Apple oder ein Linux investiert hat, so schnell nicht mehr zu Windows zurückkehrt. Die Informationsseite für die Updateverlängerung wurde in den letzten 2 Monaten 11 mal verändert. Mittlerweile gibt es für Endverbraucher sogar eine kostenlose Möglichkeit, die Updateverlängerung zu aktivieren.
Wenn man auf Youtube und in Reddit im Grunde stündlich neue Retro-Computing-Kanäle sieht, kann man das erstmal als Trittbrettfahrerei abtun, aber auch als Gefahr für die Branche, denn der Rückwartsbezug, der sich auch in der Musik breit macht zeigt an, dass der Fokus sich abwendet und „die Industrie“ auch die Möglichkeit verliert, das Narrativ zu bestimmen.
In „der IT“ betrifft die Abstumpfung gegenüber den Pitches und Angeboten der Industrie auch immer mehr die großen Player. Apple und Microsoft wurden schon zu oft totgesagt, aber beide konnten mit ihren Produktneuvorstellungen eben keinen Trend setzen, der über ihre Fanbase hinaus strahlt. Apples Vision Pro kann man nur als Flop bezeichnen und bei Microsoft fällt es mir schwer überhaupt einen Launch in den letzten fünf Jahren zu benennen. Die Recherche sagt „Copilot+ PC“. Das dürfte aber genau so als ein weiterer Aufkleber auf der Handballenauflage enden wie intels vPro, dessen Funktion mit viel gutem Willen vielleicht 2% der Leute umschreiben könnten.
Nostalgie und Cocooning sollten eigentlich besser nicht zusammen auftreten, denn Gesellschaften in denen diese Trends stark vertreten sind, neigen zur Instabilität. Ob eine Konsumentengesamtheit eine Gesellschaft ist, kann ich nicht beurteilen – in Sachen Soziologie fehlen mir sogar die Grundlagen.
Aber dennoch fällt gerade auf, wie viel Aufmerksamkeit Microsoft gerade den Kaufkunden gegenüber zeigt. Nicht absolut – aber relativ zu den letzten Jahren. Die Microsoft-Seiten zeigen die Kaufprodukte wieder an, wo man im letzten Jahr noch aufwendig suchen musste um kein M365-Abo abzuschließen. Das deckt sich mit den „Trends“, dass immer mehr Kunden sich von Clouds abwenden bzw. die Abhängigkeit zu ihnen und die Kosten reduzieren wollen.
Hier spielt die gestiegene Wahrscheinlichkeit einer europäischen Digitalsteuer sicher auch eine Rolle.
Grundsätzlich kann ich PC-Benutzys empfehlen, sich die Linuxe mal anzuschauen. Solange Sonder-Hardware oder Gaming keine Rolle spielt und es sich nur um Surfen, Steuererklärung und Fotos aus dem Handy sichern handelt, gibt es keinen Grund für Windows. Allen anderen lege ich nahe, die Seite über die Programme zur Update Verlängerung bis zum 14.10. im Auge zu behalten.
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